Imam Ibn al-Qayyim sagte:
,,Hohes Streben ist, wenn die Seele nicht aufhört, bis sie Allāh erreicht, und wenn sie keinen Ersatz für Ihn findet, und wenn sie niemals etwas anderes als Ihn akzeptiert.“
Was ist Erfolg?
Als Menschen sind wir von Natur aus darauf gepolt, an materialistischen Besitz und Ziele zu denken, wenn wir von Erfolg sprechen. Es mag der perfekte Job sein, das größte Haus, das schönste Auto oder die Anzahl akademischer Abschlüsse. Aber als Muslime, die das Leben durch die Linse des Jenseits betrachten, sehen wir Erfolg in einem etwas anderen Licht.
Allāh sagt uns im Qur’ān, was Erfolg ist:
,,Jede Seele wird den Tod kosten. Und erst am Tag der Auferstehung wird euch euer Lohn in vollem Maß zukommen. Wer dann dem (Höllen)feuer entrückt und in den (Paradies)garten eingelassen wird, der hat fürwahr einen Erfolg erzielt. Und das diesseitige Leben ist nur trügerischer Genuss.“[1]Q3V185.
Im weitesten Sinne bedeutet Erfolg, jedes Hindernis, das zwischen dir und deinem Ziel steht, zu minimieren. In unserem Fall bedeutet das, dass man sich durch nichts davon abhalten lässt, Jannah näher zu kommen, sei es durch Krankheit, Heirat, Scheidung oder sonst etwas.
Erfolgreich zu sein ist das, wonach jeder – Mensch, Jinn und Tier gleichermaßen – strebt, aber es ist nicht das Ergebnis, das jeder erreicht. Erst am Tag des Jüngsten Gerichts werden wir das endgültige Ergebnis unserer Lebensprüfung erhalten und entsprechend erfahren, ob wir zu den Erfolgreichen gehören oder nicht.
Was ist eine Vision?
Nach dem Management-Experten Stanley K. Ridgley ist eine Vision eine ,,Artikulation eines kraftvollen, erreichbaren und motivierenden Stretch-Ziels (dehnbares Ziel)“. Es gibt keinen Einheitsweg zum Erfolg. Durch die Barmherzigkeit Allāhs sind die Wege zum Paradies vielfältig. Ibn Taymiyyah sagte:
,,Die Menschen unterscheiden sich in dieser Hinsicht. Unter den Menschen finden einige Wissen leichter als Zuhd (Enthaltsamkeit), manche Zuhd leichter als Wissen, und manche finden ‚Ibādah leichter als beides. Vorgeschrieben (mashrū‘) ist, dass jeder nach dem handelt, wozu er fähig ist, basierend auf dem Vers: ,,Daher fürchtet Allāh, soweit ihr könnt.“[2]Q64V16. Wenn sich also die Zweige des Glaubens drängen, geht der Mensch mit dem weiter, was Gott am meisten gefällt, indem er nach dem handelt, wozu er am meisten fähig ist.“[3]Majmū‘ Al-Fatāwa, Bd. 7, S. 651f.
Die Früchte dieser Aussage können in der Zeit von Imam Malik kontextualisiert werden, der einmal gefragt wurde, warum er sich in Kreisen des Wissens vertiefte und nicht in anderen Belangen des Islam. Imam Malik antwortete, indem er sagte:
,,Gewiss, Allāh hat gute Handlungen aufgeteilt, wie Er Seine Versorgung (Rizq) aufgeteilt hat. Es mag sein, dass das Gebet für eine Person erleichtert wurde, das Fasten jedoch nicht. Eine andere Person mag eine Neigung zur Wohltätigkeit haben, aber nicht zum Fasten… Und ich bin glücklich mit dem, was Allāh mir (im Streben nach Wissen) ermöglicht hat. Ich denke nicht, dass das, worauf ich fokussiert bin, weniger bedeutend ist als das, worauf du fokussiert bist. Vielmehr hoffe ich, dass wir beide auf Güte und Rechtschaffenheit ausgerichtet sind.“ [4]Al-Dhahabi, Siyar An-Nubala.
Um Allāh zu bitten, uns einen guten Weg für den ewigen Erfolg zu erleichtern, müssen wir daher zuerst nachdenken und uns fragen: Was möchte ich erreicht haben, wenn ich Allāh begegne?
Wir haben gelernt, was eine Vision nicht ist. Sie ist weder ein Leitbild noch eine Strategie, noch ist sie ein Ziel oder eine Zielsetzung. Nehmen wir das Beispiel des Baus einer Moschee. Obwohl dies eine sehr lohnenswerte und ermutigende Geste ist, ist es keine Vision an und für sich. Sie ist ein Teil einer Gesamtvision. Sobald der Bau der Moschee abgeschlossen ist, gibt es keine weiteren Schritte zu unternehmen, außer zu einem anderen Moscheebauprojekt überzugehen. Auf der anderen Seite ist die Erziehung frommer Kinder eine Vision – und zwar eine äußerst edle – die eine Person über Jahre hinweg fortsetzen kann.
Wie schaffen wir eine Vision?
Um dich für deine Vision zu entscheiden, kannst du zwei Ansätze wählen: die „Top-down“- oder die „Bottom-up“-Methode.
Bei der „Top-down“-Methode verbringst du einige Tage damit, über deine Fähigkeiten, Beziehungen, Netzwerke und Leidenschaften nachzudenken, und zielst dann darauf ab, eine klare, kraftvolle Vision zu formulieren, die dich für den Rest deines Lebens antreiben wird. Bei der Bottom-up-Methode hingegen bist du in vielen Bereichen ,,sozial produktiv“, bis du deinen Fokus gefunden hast, fast wie ein junger Teenager, der seine Berufserfahrung in verschiedenen Bereichen absolviert, bevor er sich auf den für ihn richtigen Karriereweg festlegt.
Während die Bottom-up-Methode für manche Menschen funktioniert, würde ich empfehlen, zuerst die Top-down-Methode auszuprobieren. Konzentriere dich bei dieser Methode auf folgendes:
- Dinge tun, die du tatsächlich tun kannst (nicht immer an die Dinge denken, die dir im Weg stehen)
- Die Kontrolle über deine Entscheidungen übernehmen
- Wissen und Fähigkeiten erlangen
- Einen positiven Ausblick haben
Wenn du deine Gesamtvision einmal skizziert hast, kannst du diese in alle Hauptbereiche deines Lebens aufteilen, z.B. Familie, Beruf, spirituelle Bedürfnisse und Bildungsbedarf. Setze dir unter diese Kategorien Ziele. Und setze dir unter diesen Zielen Meilensteine. Schließlich gibst du dir unter den Meilensteinen Aufgaben, die alle in die Gesamtvision einzahlen sollten.
Prokrastination und Dinge, die unserer Vision im Wege stehen
Sie wird oft als die Angst vor dem Erfolg bezeichnet, der kleine Bruder des Versagens, der Zeitfresser. Prokrastination (Aufschieberitis) ist eine um sich greifende Epidemie, die dazu führt, dass man eine Aufgabe, die man erledigen muss, um ein Ziel zu erreichen, aufschiebt. Was können wir tun, um Ablenkungen zu bekämpfen? Das Wichtigste ist, den Perfektionisten in dir abzulegen. Sich selbst zu kritisieren, nur weil du etwas nicht perfekt machen kannst, bedeutet nicht, dass du es nicht tun oder nicht gut machen sollst. Vergib dir selbst, wenn du prokrastinierst, denn an der Schuld verlorener Zeit zu verzweifeln, wird sie nicht zurückbringen.
Wie Umar ibn al-Khattāb sagte:
,,Keine Schuld kann die Vergangenheit ändern, und keine Sorgen können die Zukunft ändern.“
Setze dir 5 Minuten für die Erledigung einer Aufgabe. Es ist nicht nur hilfreich, Dinge kurz und oft zu tun, es wird dich sogar dazu ermutigen, sie fortwährend anzugehen, wenn du einmal in die Gänge gekommen bist. Je nachdem, was für ein Typ Mensch du bist und was dich motiviert, wird es entweder einfacher sein, die schwerste Aufgabe zuerst zu erledigen (damit du sie aus dem Weg räumen kannst) oder die leichteste Aufgabe zuerst zu erledigen (da sie in der Regel die angenehmste ist). Mache auf jeden Fall das, was für dich persönlich funktioniert, aber stelle sicher, dass du dich daran hältst.
Qur’ān und Sunnah über Produktivität
Es gibt drei grundlegende Dinge zu beachten, wenn es um Produktivität geht:
1. Ikhlas
Eines der größten Beispiele für strahlende Aufrichtigkeit in unserem Dīn wurde von Imam Malik demonstriert. Zu seiner Zeit gab es unzählige verschiedene Arten von Muwaṭṭaʾ, die verfasst wurden. Imam Malik wurde von einer Gruppe von Menschen gefragt: ,,Du hast dir so viel Mühe gegeben, dieses Buch zu verfassen, aber zahlreiche andere Gelehrte haben ähnliche Bücher verfasst!“ Imam Malik antwortete: ,,Ihr werdet bald herausfinden, welches dieser Werke um Allāhs willen verfasst wurde.“ [5]Ibn Abd al-Barr, Al-Tahmīd. Hunderte von Jahren später, inmitten all der diversen Muwaṭṭaʾ, die verfasst wurden, ist es nur jene von Imam Malik, die heute anerkannt und als Referenz herangezogen wird.
2. Zeit
Zeit ist ein wertvolles Gut, das wir nicht zurückbekommen können – lasse die Engel also niemals aufhören, dein Jannah zu bauen, indem du deine Zeit verschwendest.
Der Prophet Muhammad (s.) sagte:
,,Es gibt zwei Segnungen, die viele Menschen verschwenden: Gesundheit und Freizeit.“ [6]Sahih Al-Bukhāry.
3. Akzeptanz
Allāh sagt im Qur’an:
,,Und verlies ihnen die Kunde von den beiden Söhnen Ādams, der Wahrheit entsprechend, als sie ein Opfer darbrachten. Da wurde es von dem einen von ihnen angenommen, während es vom anderen nicht angenommen wurde. Der sagte: ,,Ich werde dich ganz gewiß töten.“ Der andere sagte: ,,Allāh nimmt nur von den Gottesfürchtigen an.“ [7]Q5V27.
Aus diesem Vers wissen wir, dass Allāh nur von den Menschen mit Taqwa annimmt. Von nun an müssen wir danach streben, Menschen zu sein, die Allāh liebt.
Gewohnheiten eines produktiven Menschen
1. Halbiere deine To-Do Liste: priorisiere die wichtigsten Punkte, die du brauchst, um deine Vision zu erreichen
2. Lege mehr Pausen ein: so bleibst du energiegeladen und fokussiert auf dein Ziel
3. Nutze deinen Morgen, um dich auf dich selbst zu konzentrieren: verbringe deinen Morgen damit, dich auf das zu konzentrieren, was dich an diesem Tag produktiv machen wird. Das kann die Lektüre des Qur’ān sein, eine Dusche oder was auch immer dich anlächelt. Beginne deinen Tag nicht damit, dass du unmittelbar deine verpassten Anrufe und E-Mails überprüfst.
4. Schaffe ein System: wenn du Dinge in eine bestimmte Reihenfolge bringst, kannst du später effizienter arbeiten. Dies kann in Form einer Kategorisierung deiner E-Mails geschehen, aber auch dadurch, dass du deine Sachen am Vorabend bereitlegst, um den Tag optimal zu beginnen, und vieles mehr.
5. Höre mit dem Multitasking auf: es gibt niemanden, der wirklich multitaskingfähig ist. Wenn du das tust, wird eine Aufgabe immer auf Kosten einer anderen gehen. Konzentriere dich nur auf eine Sache zur selben Zeit.
Vorzüge einer Vision
Sie hilft dir, dich mehr auf Allāh zu verlassen
Wenn man ein klares Ziel hat, das man erreichen möchte, ist es wahrscheinlicher, dass man dafür Du’ā macht. Wenn etwas schief geht, ist es wahrscheinlicher, dass du verstehst, dass es vom Qadr Allāhs kommt. Du’ā und ein Verständnis von Qadr werden dir helfen, darauf zu vertrauen, dass du, was auch immer passiert, kontinuierlich nach deiner Vision streben kannst, anstatt demotiviert zu werden und aufzugeben, wenn die Dinge schief gehen. Denke daran, dass die Menschen auf deine Ergebnisse schauen, aber Allāh auf deine Bemühungen!
Sie hilft dir, deine Begierden und den Satan zu überwinden
Hattest du schon einmal Zweifel an deinen Absichten für eine bestimmte Handlung? Hast du dir gewünscht, du hättest eine reinere Absicht für einen weltlichen Wunsch? Zu verstehen, was deine Vision ist und produktiv darauf hinzuarbeiten, kann diese trügerischen Gedanken reinigen, indem es dir erlaubt, dich auf die Dinge zu konzentrieren, die wirklich nützlich sind.
Weniger Ablenkung durch sinnlose Beschäftigungen
Sei ehrlich: wie viel Zeit unseres täglichen Lebens verbringen wir damit, unnötige E-Mails zu checken, übermäßig lange Gespräche am Handy zu führen oder ungesunde Mengen an Fernsehen oder Netflix zu konsumieren? Indem du wirklich weißt, was deine Vision ist, bist du in der Lage, dich mit vollem Bewusstsein zu fokussieren und zu erkennen, ob deine Absichten und Handlungen mit deiner Vision übereinstimmen, oder ob du nur Zeit für Dinge verschwendest, die dich deinen Zielen nicht näherbringen werden.
Zu wissen, was du erreicht haben möchtest, bevor du Allāh im nächsten Leben begegnest, kann dir in diesem Leben eine Richtung geben, die dich nur zu einem produktiveren Menschen machen wird, in shā Allāh.
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Quelle: www.islam21c.com