Wenn du nur deinen wahren Wert kennen würdest

Kommentar Leben

Wenn Menschen ein mangelndes Selbstwertgefühl verspüren, verdrängen sie es oft, indem sie ihre Gedanken woanders hinlenken und ihre Energie anderweitig konzentrieren, damit sie nicht auf ein totes Gleis fahren. Es gibt jedoch Zeiten, in denen ein Mangel an Selbstwert eine Person zerreiben kann. Die Person, die man einst kannte, ist nun besessen von jedem Gedanken, dass etwas nicht mit ihr stimmen könnte. Es scheint eine bittere Pille zu sein, die man schlucken muss. Wenn man eine ungesunde Bindung an die Dunya hat, dann ist es meiner Erfahrung nach deutlich einfacher, sich selbst zu ,,hassen‘‘ als vielmehr zu lieben, wer man ist oder zu lieben wer man werden kann.

Es gibt zahllose Momente im Leben, in denen wir uns wirklich fragen: Wer bin ich? Warum habe ich dies nicht? Warum versage ich ständig? Was ist so falsch an mir?

Wir werden von der Gesellschaft, in der wir leben, geradezu gezwungen, unseren Wert ständig in Frage zu stellen. Es ist, als würden wir eine verlorene Schlacht kämpfen. Solange wir in einer Zeit leben, in der alles perfekt zu sein scheint und in der jeder vorgibt, alles zu haben, beginnen wir, die Lügen zu glauben, die wir uns selbst erzählen.

Ich könnte den ganzen Tag damit verbringen, über die Idee der Filter zu sprechen, die jetzt auf den meisten Social Media Plattformen für alle zugänglich sind. Uns wird dieses falsche Gefühl von Perfektion verkauft, diese aufpolierte Fassade, und wir glauben es so bereitwillig. Ich kenne mittlerweile so viele Menschen, die kein Foto ohne Filter machen können. Warum haben wir uns an einen Punkt drängen lassen, an dem die Art, wie wir geschaffen wurden, und die feinen Details unserer Gesichter nicht würdig genug sind, um gesehen zu werden? Was dich zu dem macht, was du bist, ist nicht mehr gut genug; es gibt einen Standard, der erfüllt werden muss. Obwohl es Gutes in den sozialen Medien gibt, bin ich mir nicht sicher, ob es das Schlechte überwiegt. Es gibt Mädchen im Alter von neun Jahren, die vom Leben anderer Menschen besessen sind. Der Zugang zu solchen Inhalten schafft eine toxische Wahrnehmung für einen Erwachsenen, also stell dir vor, welche Macht es über ein Kind hat, dessen Geist formbar ist und das versucht, jeden möglichen Weg zu finden, um in eine Gesellschaft zu passen, die aus seiner Unsicherheit Kapital schlägt.

Es ist auch wichtig zu erkennen, dass, während das soziale Narrativ der Perfektion und der sozialen Medien auf dem Höhepunkt ist, Muslime keine Zeit auf solchen Kanälen verbringen sollten, die unser Wohlbefinden beeinträchtigen und uns unsere Identität in Frage stellen lassen. Es ist schwierig, das Narrativ zu ändern, aber wenn du weißt, dass soziale Medien negative Auswirkungen auf dich haben, solltest du zurückrudern. Vielleicht kannst du die Gesellschaft nicht ändern, aber du kannst mit der Erlaubnis Allāhs mit Sicherheit beginnen, deine eigenen Gewohnheiten zu ändern, was einen lang anhaltenden Effekt haben wird.

Das ist bei fast jedem muslimischen Mädchen hier im Westen der Fall. Es sind nicht nur die sozialen Medien – es sind auch äußere Einflüsse und die Art, wie wir uns selbst behandeln. Wir leben und kleiden uns bereits auf eine Weise, bei der wir uns, wenn wir nicht von denselben Menschen umgeben sind, völlig entfremdet fühlen und aufgrund unseres Aussehens harsch beurteilt werden. Damit umzugehen und gleichzeitig einen Mangel an Selbstwert zu haben, führt dazu, dass wir keine andere Wahl haben, als uns von genau der Sache auffressen zu lassen, von der wir uns sagen, dass wir uns keine Sorgen machen sollen.

Bevor wir fortfahren, wollen wir über den Kampf sprechen, dem sich Schwestern ausgesetzt sehen, die aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes sichtbar muslimisch sind. Soziale Medien und die Schönheitsideale haben es noch schwieriger gemacht, den Hijab zu tragen. Es gibt Zeiten, in denen du vielleicht in Frage stellst, was du tragen oder wie du dich kleiden sollst. Das kann an Modetrends liegen oder an der zunehmenden Islamophobie. Ich sage von ganzem Herzen zu allen Schwestern, die kämpfen, dass jede Anstrengung auf dem Weg Allāhs belohnt wird. Es ist schwierig, aber verliere niemals das Warum aus den Augen, denn Allāhs Wohlgefallen und die höchsten Ränge von Jannah zu erstreben, ist dauerhaft. Wir leben in einer Welt, die darauf ausgelegt ist, uns zu prüfen. Es sollte nie einfach sein, aber, meine liebe Schwester, ich verstehe die Härte, die du durchmachst, und ich bitte dich, dich daran zu erinnern, dass Allāh dich sieht, hört und dein Herz kennt. Gib auf dieser Reise nicht auf. Eines Tages wirst du die gewaltige Belohnung ernten, die dir für deinen Kampf gewährt wird.

Selbstwertgefühl, das in die richtigen Dinge gelegt wird, ist eine schöne Sache. Freundlich zu sich selbst zu sein und die Art und Weise zu lieben, wie dein Herr dich geschaffen hat, ist ein unglaubliches Gefühl. Deshalb glaube ich, dass wir alle auf einer Reise sein sollten, um zu entdecken, wer wir sind und jeden Teil von uns zu schätzen. Gewiss ist keiner fehlerfrei und wir sollten uns selbst zur Rechenschaft ziehen, um die bestmöglichen Muslime zu sein, die wir sein können. Arroganz hat keinen Platz in unserer Religion und ich glaube nicht, dass wir davon besessen sein sollten, wer wir sind, und uns selbst so sehr lieben sollten, dass wir denken, wir seien besser als andere. Jedoch glaube ich, dass wir in der Lage sein sollten, in den Spiegel zu schauen und nicht zusammenzuzucken. Du solltest dir einen Moment Zeit nehmen, um die Tatsache zu würdigen, dass dein Herz jede Sekunde schlägt, um dich am Leben zu erhalten, und dass es Gutes in dir gibt. Du solltest niemals zulassen, dass deine Fehler oder Unzulänglichkeiten dich verzehren und dich glauben lassen, dass du schrecklich bist, denn das ist nicht wahr.

Geringes Selbstwertgefühl geht Hand in Hand mit der Überzeugung, dass man es nicht verdient hat. Es gibt Menschen, die sich selbst gehasst und sich dann hingesetzt haben, um nach dem Maghrib Gebet Du‘a zu sprechen, um schließlich herauszufinden, dass ihnen die Worte fehlen. Diese Person hat nicht länger das Gefühl, dass sie Allāh um etwas bitten kann. Sie erachtet sich selbst als so fehlerhaft, dass sie sich einredet, sie verdiene weder irgendeine Form von Glück, noch die Barmherzigkeit ihres Herrn. Dies ist zutiefst beunruhigend, denn viele Menschen mögen glauben, dass dies etwas Persönliches ist, über das sie hinwegkommen werden. Noch gefährlicher wird es, sobald es beginnt, die Beziehung zu Allāh zu beeinträchtigen. Dies ist kein Einzelfall; meiner Erfahrung nach haben sich die meisten Mädchen so gefühlt oder fühlen sich nach wie vor so.

Ich glaube auch, dass Brüder das durchmachen, aber ich kann nur aus meinen Erfahrungen und denen der Menschen um mich herum sprechen. Der Grund, weshalb ich glaube, dass Frauen und Mädchen mit ihrem Selbstwert zu kämpfen haben, ist, dass sie ihren Wert von ihrem Aussehen abhängig machen. Das ist nicht allein unsere Schuld. Die Gesellschaft, sowohl Muslime als auch Nicht-Muslime, zwingt uns die Vorstellung auf, dass wir perfekt aussehen sollten. Der Auslöser für dieses Gefühl kann alles Mögliche sein, aber nach dem, was ich gesehen habe, rührt es daher, dass wir unserem Aussehen zu viel Bedeutung beimessen. Wir vergleichen uns mit Influencern in den sozialen Medien und sind nicht in der Lage, über unsere Makel hinauszuschauen. Wir stellen Menschen auf ein Podest und machen unser äußeres Erscheinungsbild zum Grund für Ablehnung oder fehlende Heiratsanträge.

Wir konzentrieren uns stark auf die uninformierte Meinung anderer Leute über uns. Wir legen so viel Wert darauf, was jemand von uns denken mag und zwingen uns dann selbst in diese Abwärtsspirale. Mir wurde einmal der Rat gegeben, das Gute aus dem zu nehmen, was die Leute sagen; ihre Meinungen könnten so falsch über dich sein, aber finde das, was es wert ist, gehört und verstanden zu werden, und wenn du das Gute nicht finden kannst, dann blende es aus. Verliere dich nicht in Gedanken, wie sie es gemeint haben könnten. Wir beschäftigen uns so sehr mit anderen, aber was ist unser Bild bei Allāh? Wir alle kennen den Hadīth von Abu Huraira, der berichtete, dass der Gesandte Allāhs (s.) sagte:

„Wahrlich, Allāh schaut nicht auf euer Äußeres oder euren Reichtum, sondern Er schaut auf eure Herzen und eure Taten.“[1]Sahih Muslim

Weder eure körperliche Schönheit noch euer Besitz sind ein Maßstab für Tugendhaftigkeit; vielmehr sind euer Herz und eure Taqwa das, was in den Augen Allāhs tugendhaft ist.

Das Gefühl, keinen Selbstwert zu haben, wäre so viel erdrückender, wenn wir keine Muslime wären, aber Alhamdullilāh für einen Herrn, der unser ist. Meine Schwester, sobald du erkennst, dass du erschaffen wurdest, um Allāh anzubeten – den Allerhöchsten, den Großzügigen, den Gütigen und den Einen, der dich mehr liebt als deine eigene Mutter -, dann wirst du verstehen, dass dein Wert nicht darauf beruht, wie du aussiehst oder auf den Mängeln, die du zu beheben suchst. Du bist eine Dienerin Allāhs und Er hat dich erschaffen. Wenn du das nächste Mal in den Spiegel schaust oder dein Aussehen in Frage stellst, wisse, dass du vom Herrn der Welten geformt wurdest, der die Sonne und den Mond und all die Dinge erschaffen hat, in denen du Schönheit findest – der Herr von all dem ist derjenige, der auch dich erschaffen hat.

Die Ansichten, die auf Muslim-Revival.de und den damit verbundenen Kanälen wiedergegeben werden, geben zu allererst die Ansicht der Autoren wieder und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten der Verantwortlichen.

Quelle: www.islam21c.com

Fußnoten

Fußnoten
1 Sahih Muslim

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert